Nexus verstehen aus der Sicht von SAFe

Nexus verstehen aus der Sicht von SAFe

 

In diesem kurzen Beitrag möchte ich Euch das Nexus Framework näherbringen. Der Blogartikel richtet sich vor allem an diejenigen, die vorwiegend mit SAFe arbeiten – vorneweg sei gesagt, dass beide Frameworks ihre Daseinsberechtigung haben. Es ist wie immer: es kommt drauf an!

 

Zuallererst, SAFe hat als Ziel, die gesamte Organisation zu optimieren. Das Top Management wird überzeugt und eingebunden und es gibt einen Schwerpunkt auf Leadership auf allen Ebenen! Im Weiteren können über eine Portfolioebene mehrere Produkte miteinander koordiniert und skaliert werden. Abgerundet wird das Bild durch eigene SAFe-Prinzipien, die unter anderem an dir Prinzipien des Agilen Manifests angelehnt sind.

Dem gegenüber skaliert Nexus erst einmal ein Produkt und versucht dieses immer weiter zu optimieren und damit im nächsten Schritt auch die Teams darin. Interessant für das Daily Business ist der Nexus Guide, der zu jedem Event (Planning, Retro etc.) einen Purpose gibt. Vom Sinn und Zweck ist also alles sehr „lean“ ableitbar. Leadership steht nicht im Fokus und bildet kein ideologisches Fundament. Hier wird auf einen separaten Scrum.org Kurs verwiesen.

 

Hinsichtlich der unterschiedlichen Philosophien lässt sich feststellen, dass SAFe das Maximum eines skalierten Werkzeugkastens repräsentiert. Anfangs müssen Elemente gestrichen werden, die nach und nach im Framework gelebt werden können. Das initiale Setup ist nämlich sehr umfangreich und beinhaltet beispielsweise eine overall end-to-end Integration durch ein System Team, DevOps samt CI/CD Pipeline, OKRs, Large Solutions, Design Thinking, Value Stream Identification etc.

Im Gegensatz dazu skizziert Nexus das Minimum eines Werkzeugkastens, um ein Produkt skalieren zu können. Es beinhaltet also Dinge, die zum Überleben notwendig sind, z.B. Cross-Team Refinement auf Produktebene, das Nexus Sprint Planning und einen Product Owner. Was darüber hinaus noch hinzugefügt werden soll, obliegt den Nutzern selbst.

 

Und damit kommen wir zur Key Role in jedem skalierten Framework – dem Product Owner! Wichtig für das Verständnis ist, dass es immer nur einen Product Owner gibt, unabhängig davon, ob er Product Manager, Chief Product Owner oder Master of the Universe heißt. Der Product Owner ist derjenige, der die Gesamtverantwortung trägt, seinen Kopf hinhält und über Budget verfügt. Im SAFe-Kontext ist dies der Product Manager mit der meisten Kompetenz. Fraglich ist jedoch, ob er über Budget verfügen kann, oder ob es ihm auf Portfolioebene durch den Business Owner zugeteilt wird. Die SAFe POs auf taktischer Teamebene unterstützen den oder die Product Manager. Sie sind als Support zu verstehen, damit die Rolle skaliert.

Nexus entscheidet sich sehr übersichtlich: Es gibt einen PO und Ende. Es muss jedoch auch informell Unterstützung geschaffen werden. So müssen Personen aus den Teams den PO unterstützen. Wie man ihre Rolle jedoch nennt, ist dem Scrum bzw. Nexus Guide egal.

 

Wie viele Teams gibt es denn jetzt? SAFe empfiehlt ein Maximum an 125 Personen. Dabei ist es egal, wie viele Personen außerhalb der Teams auf Produktebene stehen. Die Teams kommen aus den verschiedenen Silos innerhalb einer größeren Organisation und durch den Value Stream sollen diese Silos durchbrochen werden. 

Productivytree

Nexus strukturiert hier schon vorsichtiger: Es sollten  maximal 9 Teams mit 90 Leuten sein – Im Idealfall sogar weniger. Es wird nicht benannt, wo die Teams herkommen und eine Skalierung des Nexus auf Nexus+ mit mehreren hundert Personen sollte sehr, sehr gut überlegt werden und kommt auch nur selten zum Einsatz.

 

Kernelement bei Nexus ist das Nexus Integration Team (NIT). Das NIT löst Probleme auf skalierter Ebene in einem separatem Daily, welches vor den eigentlichen Team Dailies stattfindet. Die Faustregel lautet, dass erst das Gesamtsystem optimiert werden soll, bevor es an die Subsysteme der Teams geht. Ebenfalls ist das NIT darauf bedacht, Dependencies zu identifizieren und nach Möglichkeit zu beseitigen. Das wird vor allem durch das Nexus Sprint Planning Board visualisiert. Dies ist kein Kanban, sondern dient ausschließlich der Verfolgung von Dependencies. Weitere Aufgaben sind der Coaching Aspekt, der den Knowledge Transfer begünstigt sowie das Overall End-to-End Testing. Dies sollen die Teams selbst machen und es wird lediglich aufgepasst, dass dies passiert. Im NIT befinden sich die für die aktuelle Situation kompetentesten Leute. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass jeden Tag neben dem PO andere Personen vor Ort sein könnten.

In SAFe werden diese Kompetenzen durch den ART Sync einmal in der Woche angesprochen bzw. gibt es ein separates System Team für das Overall End-to-End Testing. Die Etablierung dieser Institutionen obliegt dem Chief Scrum Master, der Release Train Engineer genannt wird. Die Teams selbst können natürlich jederzeit ihre Dependencies untereinander koordinieren. Visualisiert werden diese durch das ART Planning Board. Kernelemente bei SAFe sind im weiteren Sinne die vier Core Values (Alignment, Transparency, Respect for People, Relentless Improvement) von denen sich Handlungen ableiten lassen.

 

Communities of Practice (CoPs) werden in Nexus nicht direkt genannt. Sie werden aber berücksichtigt und es wird ihnen implizit Raum gegeben. Bei SAFe werden sie von Anfang an befürwortet und vor allem im Advanced Scrum Master Kurs detaillierter eingesetzt.

 

Zum Ende kommt der interessanteste Aspekt von Nexus – Descaling! Ganz genau, Nexus befürwortet ab einer gewissen Größe keine weitere Skalierung, sondern das Gegenteil: Ein Team soll aus dem Nexus wieder herausgenommen werden. Dies ist abgeleitet vom „Gesetz des abnehmenden Ertrags“, denn Value wächst nicht proportional mit jedem Team, sondern wird immer teurer. Daher kann man durchaus das Experiment wagen und ein zusätzliches Team hinzufügen. Man sollte dann aber auch den Mut besitzen, dieses gegebenenfalls wieder abzuziehen. Skalieren muss sinnvoll sein und das ist das Schöne am Nexus.